Lesedauer: 4 Minuten Update: 24. Februar 2023
Reduzierte, organische Elektronik baut ein stimmiges Gerüst auf, das so spartanisch ist, dass es schon fast an Soundkunst grenzt. Darüber entfaltet sich Elkes Stimme, die sofort alle früheren Begegnungen mit der talentierten und ziemlich einzigartigen Sängerin wieder hervorholt: Elke Brauweiler ist eine Ikone in der deutschen Musiklandschaft, die mit ihrer für sie so typischen stoisch-ewig jungen Stimme dem Song eine völlig neue Persönlichkeit entlockt, wenn sie Ebene um Ebene aufbaut, um dann im Refrain in eine wunderbare Klang-Kaskade mit gezupften Streichern zu münden. Der im Original rumpelige Indie-Hit aus dem Jahr 1994, den von SPEX bis VIVA alle relevanten Medien feierten, etablierte eine ganz neue Generation deutscher Bands, die Musikgeschichte schrieben – Elke Brauweiler verleiht ihm in ihrer Version minimalistisch Eleganz. Und – dass Elke Brauweiler heute selber Teil dieser Musikgeschichte ist, ist unbestritten. Das Video gibt es unten zu sehen.
Die Künstlerin hat ihre ganz eigene Nische gefunden: Das Covern. Elke sucht und findet Songs, um sie zu covern – und ihnen mit ihren Treatment komplett neues Leben einzuhauchen. Sie hat eine ungewöhnliche Art, sich die Stücke zu eigen zu machen, dem Original unbedingt ebenbürtig: Mit viel Vokal-Kunst und einer herrlich erfahrenen Aura, gleichzeitig voller Leichtigkeit geht sie in den Kern des Songs, um die Essenz heraus zu schälen. Hochwertiges Song-Öl, sozusagen. Bis Ende Juni wird Elke Brauweiler vier Cover-Song veröffentlichen, um dann schließlich eine ganze EP zu releasen.
Elke hat eine tiefe Liebe zur Musik, die sie nahezu drängt, sich selber mit Material anderer zu beschäftigen, das starke Emotionen in ihr auslöst. Daneben hat Elke sich eine Tradition des Covern zu eigen gemacht – es ist Teil ihrer künstlerischen Persönlichkeit.
Die Tradition der Interpreten ist ja fast länger als die des Singer-Songwriters – bis in die 60er und 70er hinein hatte das Interpretieren noch einen ganz anderen Stellenwert und Zugang. Elke ist ein ganz natürlicher Teil dieser Gemeinschaft, ohne das zu forcieren – sie beschäftigt sich viel mit Musik und so kommen die Cover über die Jahre bei ihr ganz von selbst ins Repertoire.
Bereits mit Commercial Breakup coverte sie „Bizarre Love Triangle“, mit „Twist à Saint Tropez“ hat sie 2006 ein ganzes Coveralbum auf französisch aufgenommen, 2019 coverte sie Princes „1999“, dazu kamen Hildegard Knef-Cover wie „Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen” – für Brauweiler war es immer eigner künstlerischer Ausdruck, zu covern.
Während der Pandemie war es spürbar und auffällig, wie viele Künstler:innen sich mit der Musik anderer auseinandergesetzt haben und in einer kurzen Zeit überfluteten Cover-Versionen das Netz – ich finde, das die ein Zeugnis davon ist, dass sich Musiker:innen mehr Zeit nehmen konnten, sich auf Werk andere Künstler:innen einzulassen und sich daran abzuarbeiten.
Bei Elke ist dies immer Teil ihrer DNA gewesen – sich in etwas hineinsinkend zu lassen und es sich zu eigen machen. Ich konnte im Gespräch mit ihr feststellen, dass sie sich mit jeder Faser begeistert für die Recherche, das Herangehen an den jeweiligen Song, um ihn in ihr Universum zu holen. Sie ist Kantorin, Chansonette – interpretieren liegt ihr, ist für sie ein Mittel des Ausdrucks.
Ebenso ist sie Kreierende und Sonwriterin: Eigene Kompositionen schuf sie genauso – das Album „Freund“ von 2019 ist original aus der Brauweiler-Feder, „Sister“ von 2020 oder „Gogogo“ von 2021 ebenso – Elke wechselt zwischen eigenen und fremden Kompositionen schnell und unbefangen und hat pure Freude an der Kreation.
Popmusik, Popkultur recycelt und arbeitet sich ab – in regelmässigen Abständen blicken Künstler:innen zurück und verleiben sich Vergangenes ein, um sich selber in den Popkosmos einzuweben und die DNA weiterzugeben. Retrospektive ist so alt wie Kunstschaffen und ist in der Form des Interpretierens ein durchaus eigenes Genre – und dieses bedient Elke mit ihrer kommenden EP aufs herrlichste.
Den Anfang macht nun also „Universal Tellerwäscher“ (VÖ: 24.02.2023) im Original von Die Sterne, begleitet von einem mehr als passenden Video, das Stephanie von Beauvais für Elke Brauweiler komponiert hat, mit Eindrücken von ihrer China-Reise.
Hier das einstige Original von Die Sterne.
Quelle: NK PR